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Für die 16-jährige Avery ist es nichts Besonderes, aus ihren Karten die Zukunft zu lesen. Ihr Misstrauen ist jedoch geweckt, als ihr Vater sie heimlich darum bittet, für ihn die Karten in einer politischen Frage zu legen. Als diese kurz darauf in einem wilden Strudel verwirbeln, ihrer Motive beraubt, glaubt Avery noch an Zufall. Doch nachdem auch Bilder die sie zeichnet plötzlich zum Leben erwachen, bekommt sie es mit der Angst zu tun, denn nun gerät sie ins Visier der Herren von Kandalar und ihres dunklen Lords Mahilo-Esch. Ist sie das Mädchen mit dem Flammenhaar, welches einer Sage zufolge das Spiel der Mächtigen dereinst wird beherrschen können? Avery muss um ihr Leben fürchten und flieht überstürzt in die Sümpfe Greenerdoors, doch fangen damit ihre Probleme erst richtig an.
Avery
Mit der Angst der tyrannischen Herren von Kandalar hat sie gelernt zu leben. Dabei ist es hilfreich, mittels ihrer Karten in die Zukunft sehen zu können – doch den Untergang von Gullorway sah sie darin nicht. Somit sind ihre magischen Fähigkeiten für sie eher Fluch denn eine Gabe. Was sonst soll für die Herren von Kandalar so wichtig sein, dass sie alles daransetzen, sie in ihre Gewalt zu bekommen? Ihre Flucht treibt sie in die Hände von Skyler, dem Anführer der Bowmen, einem wilden Clan von Bogenschützen. Gegen ihren Willen fühlt sich Avery zu dem charismatischen Mann hingezogen. Doch kann sie ihm trauen?
Als Anführer der Bowmen, genießt er den Respekt seines Clans. Niemand wagt es, sich ihm zu widersetzen. Als seine Männer in den Sümpfen Greenerdoors auf Avery treffen, glaubt er mit ihr ein leichtes Spiel zu haben. Doch bald schon muss er erkennen, dass das rebellische Mädchen anders ist als alle, denen er bisher begegnet ist. Etwas Magisches geht von ihr aus oder ist es mehr?
Amarott
Sohn des mächtigen Lords von Kandalar. Er erhält den Auftrag, das rothaarige Mädchen mit den magischen Fähigkeiten in seine Gewalt zu bringen. Von einer dunklen Macht getrieben spürt er Avery auf und muss alsbald erkennen, dass ihm schon jemand zuvorgekommen ist. Wird er den Rivalen besiegen können?
Greenerdoor, ein Ort in den Sümpfen Kandalars. Kein Mensch wagt sich hierher, denn hier beginnt das Gebiet der Bowmen, einem Clan wilder Bogenschützen - und ausgerechnet dorthin verschlägt es meine Hauptprotagonistin Avery.
Die Herren von Kandalar
Der Warnton aus dem Horn der Späher ließ meine dreckverkrusteten Hände
innehalten. Alarmiert reckte ich den Kopf empor, suchte mit zusammengekniffenen
Augen den Horizont ab, um den Grund dafür auszumachen. Eine kleine, dunkle
Wolke wurde in der Ferne sichtbar, doch versprach sie nicht den lang ersehnten
Regen. Ein Reiterheer der Herren von Kandalar nahte. Wie Heuschrecken zogen sie
übers Land, eine Spur der Verwüstung hinterlassend. Vornehmlich auf der Suche
nach Büchern. Niemand durfte eines besitzen und wenn doch rollte sein Kopf – denn
Wissen bedeutete Macht und sie waren die Mächtigen, uneingeschränkt. Dieses
Gesetz existierte seit Generationen.
Die Herren von Kandalar trieben Steuern ein, viel mehr als die meisten unseres
Clans in der Lage waren zu geben. Wer nicht zahlen konnte, verlor Frau oder Kinder
an die Herren von Kandalar als Pfand, bis die Schuld beglichen war – keiner kehrte je
zurück …
Im Laufschritt jagte ich über die staubigen Felder, sorgsam darauf bedacht, nicht die
Setzlinge niederzutrampeln. Die Bewässerung des extrem trockenen Ackerlandes
verlangte ohnehin besonderen Einfallsreichtum. Geregnet hatte es seit Monaten nicht
mehr und die zunehmenden Sturmböen dörrten den Boden zusätzlich aus. Überhaupt
war das Wetter kaum noch vorhersehbar. Während es in einigen Gebieten
unaufhörlich regnete, wie die Händler zu berichten wussten, herrschte in der Region
von Kandalar größten Teils Dürre. Ein Kometensplitter, der unseren Planeten vor über
zehn Jahren gestreift hatte, so klein wie ein Weinfass jedoch mit der Wirkung eines
Vulkanausbruchs. Danach begann sich die Natur zu wandeln. Doch die meisten
gaben den Herren von Kandalar die Schuld daran, da man ihnen dunkle Kräfte
nachsagte und es leichter war, ihnen sämtliches Unheil anzulasten.
„Wie viel Zeit bleibt uns?“, fragte Miles, ein Junge in meinem Alter. Leichtfüßig lief er
neben mir her. Mit seinen sechzehn Jahren und gut einem Meter neunzig
Körpergröße galt er fast schon als Mann. Sein durch die Arbeit auf dem Feld
gestählter Brustkorb glänzte vor Schweiß, das um die Hüften geschlungene Hemd
flatterte wie eine Fahne im Wind.
„Keine Ahnung, lauf einfach!“
„Wer zuerst am Gemeindehaus ist“, stieß er aus und sprintete davon.
Trotz der angespannten Situation stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen. Miles
schaffte es immer wieder, mich zum Lachen zu bringen. Wir waren wie Geschwister.
Unter uns herrschte ein Einverständnis, auch ohne Worte.
„Wenn du weiter so trödelst, werden sie dich mit auf die Burg nehmen.“
Sein brauner Haarschopf wirbelte kurz herum, gefolgt von einem jungenhaften
Lachen. Mein Ehrgeiz war geweckt. Natürlich wollte ich Miles einholen.
Ganz Gullorway war inzwischen auf den Beinen. Die Männer des Ältestenrates,
denen auch mein Vater angehörte, trieben uns an.
„Beeilt euch. Alle ins Gemeindehaus und wartet dort auf eure Anweisungen“, feuerte
mein Vater uns mit vor Anstrengung rotem Kopf an.
„Mit Mistgabeln gegen eine Reiterschar des Schreckens, aus deren Waffen
Flammen und Blitze schießen“, stieß Miles atemlos hervor, als wir vor dem
Gemeindehaus zum Halten kamen. „Ist doch sinnlos.“
„Avery könnte uns ja ein paar Wunderwaffen zeichnen, aber sie malt ja lieber
Blümchen und Kräuter“, stichelte meine ältere Schwester Charise. Sie war achtzehn
und wurde nie müde mich spüren zu lassen, wie erwachsen sie schon war. Sie klopfte
sich die Handflächen an ihrer sauberen Hose ab, als wären diese Hände je mit Dreck
in Berührung gekommen. Nicht eine Schweißperle glänzte auf ihrer makellosen
Alabasterhaut.
Ja, ich konnte recht gut zeichnen. In letzter Zeit spielte mir diese künstlerische Fähigkeit
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